Pseudoachondroplasie
Definition
Die Pseudoachondroplasie ist – wie auch die Achondroplasie - eine vererbbare Krankheit, die durch eine Störung in der Knochenbildung und Knorpelproduktion zu Kleinwuchs führt. Die Betroffenen erreichen eine Körpergröße zwischen 100 und 120 cm.
Ätiologie (Ursache)
Die Krankheit wird normalerweise autosomal - dominant, seltener autosomal – rezessiv vererbt. Die meisten Fälle treten jedoch als Spontanmutation auf. Die Pseudoachondroplasie hat eine Prävalenz von ca. 4 : 1.000.000.
Diagnose
Die Pseudoachondroplasie ist im Gegensatz zur Achondroplasie zum Zeitpunkt der Geburt klinisch noch nicht erkennbar. Sie wird erst im Kleinkindalter (1.-3. Lebensjahr) durch ein insgesamt vermindertes Wachstum bei verkürzten Armen und Beinen offenkundig. Der Schädel ist im Gegensatz zur Achondroplasie normal groß.
Therapie
Wegen einer Bandlaxität und Knochenveränderung in der Halswirbelsäule sowie der daraus resultierenden Instabilität, kann es manchmal zu neurologischen Symptomen kommen. In diesem Fall sollte das Kind zunächst in einer Spezialklinik behandelt werden.
Eine Kyphosebildung im thorakolumbalen Übergang zwischen Brust- und Lendenwirbelsäule ist bei Pseudoachondroplasie selten. Eine vermehrte Lordose der Lendenwirbelsäule (Hohlkreuz) kommt hingegen häufig vor. Der Spinalkanal ist, im Gegensatz zu Achondroplastikern, jedoch nicht verengt. Das verstärkte Hohlkreuz kann aber auch durch ein vermehrtes Hüftstreckdefizit verursacht sein.
Physiotherapie
Auch wenn es einige Hundert Krankheitsbilder im Bereich der Skelettdysplasien gibt, so ähneln sich die meisten doch in vielen Faktoren. Im Verlauf des Wachstums kommt es bei allen Kleinwuchsformen zu ähnlichen Erscheinungsbildern und vergleichbaren Problemen, die in ihrer Ausprägung zwar variieren, aber immer symptomatisch und prophylaktisch behandelt werden. Hierzu gehören die Verbesserung eines Hüftstreckdefizits und einer LWS-Lordose sowie die Therapie von Achsfehlstellungen und Instabilitäten der Extremitäten.
Darüber hinaus steht das Erlernen von Aktivitäten des täglichen Lebens bzw. Hilfestellungen hierbei, im Fokus der physiotherapeutischen Therapie.
Die wichtigsten konservativen Methoden bei der Therapie von Skelettdysplasien sind:
Passives Hüftstreckdefizit
Ein Hüftstreckdefizit besteht regelmäßig dann, wenn der Betroffene in zunehmender Hüftbeugung läuft und hierbei den Bauch nach vorne wölbt. Das Streckdefizit muss dann durch regelmäßiges Dehnen der Hüftbeuger verbessert werden. Dazu gehört ebenso ein regelmäßiges Kräftigen der Hüftstrecker (Pomuskulatur). Nur so kann die passiv gewonnene Hüftstreckung langfristig erhalten und verbessern werden.
Erarbeiten der Beckenaufrichtung/Verminderung der Beckenvorkippung
Patienten mit Skelettdysplasien zeigen regelmäßig ein Hohlkreuz. Diese Lordose ist in einer zu schwachen Muskulatur des hinteren Oberschenkelmuskels begründet, wodurch das Becken nach vorne kippt.
Dehnung der Rückenmuskulatur – v.a. im Lendenbereich
Aufgrund des Hohlrückens im Lendenbereich kann die Muskulatur neben der Wirbelsäule verkürzen und die Wirbelsäule auf Dauer weniger beweglich werden lassen. Dies gilt es unbedingt zu vermeiden, da der Patient ansonsten schwerlich das Hohlkreuz vermindern bzw. auflösen kann.
Achsfehlstellungen von Ober- und Unterschenkel mit Beteiligung von Knie und Sprunggelenk
Hier kann ein Beinachsentraining helfen, Sekundärschäden der Gelenke zu vermeiden bzw. zu reduzieren. In einigen Fällen treten in Verbindung mit Achsfehlstellungen Fußdeformitäten auf, die dann situativ behandelt werden.
Ergotherapie
Durch die proportional deutlich verkürzte obere Extremität ergeben sich im Alltag Einschränkungen durch eine geringe Reichweite. Dies kann z.B. zu Problemen bei der Körperpflege und beim An- und Ausziehen führen. Ein besonderes Augenmerk in der Ergotherapie liegt auch deshalb auf der langfristigen Prävention von Folgeschäden an Schulter und Handgelenken, die durch Überbelastung oder Kompensation entstehen können.
Orthopädietechnik/Hilfsmitteltechnik
Eine orthopädische Versorgung ist nur in seltenen Fällen notwendig.
Operative Therapie
Wirbelsäule
Bei Pseudoachondroplastikern kann in seltenen Fällen eine Skoliose auftreten, die in sehr schweren Fällen operativ behandelt werden muss.
Obere Extremitäten
Die Oberarme sind verkürzt und die Patienten zeigen ein Streckdefizit der Ellenbogen. Ist das Strecken sehr stark eingeschränkt, kann eine Extensions-Osteotomie sowohl allein, als auch in Kombination mit einer Verlängerung des Oberarms, durchgeführt werden.
Untere Extremitäten
Die Hüftgelenke können ein so starkes Streckdefizit aufweisen, dass eine ggf. bestehende erhöhte Lendenwirbellordose weiter verstärkt wird. Bei einer reduzierten Gehstrecke, die durch eine fehlerhafte Statik verursacht wird, kann eine Extensionsosteotomie die Beschwerden deutlich verbessern.
Die verkürzten Ober- und Unterschenkel können bei Bedarf verlängert werden, so dass der Patient insgesamt ca. 20 cm an Körpergröße gewinnen kann.
In den meisten Fällen leiden die Betroffenen unter einer O-Bein-Fehlstellung (eine X-Fehlstellung ist deutlich seltener), die sich wegen der Bandinstabilität im Kniegelenk leicht verstärken kann. Wenn rechtzeitig begonnen wird, kann eine Korrektur der Fehlstellung durch wachstumslenkende Maßnahmen erreicht werden. Durch das geringere Wachstum bei Kleinwüchsigkeit steht hierfür nur ein begrenzter Zeitraum zur Verfügung. Nach diesem Zeitraum sind korrigierende Maßnahmen nur noch mit Hilfe einer aufwendigen Osteotomie möglich.