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Achondroplasie

Definition

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Die Achondroplasie (auch Chondrodystrophie, Chondrodystrophia fetalis, Parrot-Syndrom oder Kaufmann-Syndrom) ist eine vererbbare Krankheit, die zu Kleinwuchs führt. Durch eine Störung in der Knochenbildung und der Knorpelproduktion erreichen die Betroffenen selten eine Körpergröße von mehr als 130 cm.

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Ätiologie (Ursache)

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Die Achondroplasie wird autosomal-dominant vererbt, das heißt, sie kann nur von einem selbst betroffenen Elternteil weitervererbt werden und die Wahrscheinlichkeit für ein krankes Kind liegt dann bei 50%. Diese Vererbung ist bei etwa 20% der mit Achondroplasie geborenen Kindern die Ursache. Zu 80% tritt Achondroplasie jedoch nicht durch Vererbung, sondern durch Spontanmutation bei gesunden Eltern auf.

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Die Inzidenz liegt bei 10.000 Geburten etwa zwischen 0,1 bis 1,5. Damit gehört die Achondroplasie, wie alle Arten von Kleinwuchs, zu den seltenen Krankheiten und stellt dennoch die häufigste Skeletdysplasie dar.

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Diagnose

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Die Krankheit kann bereits ab der 20. SSW im Ultraschall, aufgrund einer Nasenwurzel-Veränderungen sowie verkürzten Extremitäten diagnostiziert werden.

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Nach der Geburt zeigen sich verkürzte Extremitäten bei einer fast normalen Rumpflänge (dysproportionierter Kleinwuchs). Insbesondere Oberarm und Oberschenkel sind bei Achondroplasie verkürzt. Am Schädel fallen eine prominente Stirn und eine Sattelnase auf.

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Therapie

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Auf Grund der Veränderung am Schädelknochen und der Halswirbelsäule kann es bereits kurz nach der Geburt zu neurologischen Symptomen kommen, z.B. Hypotonie (herabgesetzte Spannung von Muskeln) oder Apnoe (Atemlähmung). In diesem Fall sollte das Kind in einer Spezialklinik behandelt werden.

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In einigen Fällen ist die normale Brustwirbelsäulen-Kyphose (Krümmung der Brustwirbelsäule) stark abgeflacht. Ein Grund kann eine zusätzliche Kyphosebildung im thorakolumbalen Übergang zwischen Brust- und Lendenwirbelsäule sein. Die Ursache für diese unphysiologische thorakolumbale Kyphose ist nicht genau geklärt. Der proportional große Kopf, in Kombination mit generalisierter Muskelschwäche, als auch die Tendenz zu einer verstärkten Hüftbeugung können hier eine Rolle spielen.

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Im Fall einer krankhaften Kyphose ist zunächst die Physiotherapie das Mittel der Wahl. Die regelmäßige Vorstellung des Patienten beim Orthopäden zur Dokumentation der Kyphose ist hier sehr wichtig. Eine Korsettversorgung sollte erst später und nur bei ausgeprägten Fällen erfolgen.

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Physiotherapie

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Auch wenn es einige Hundert Krankheitsbilder im Bereich der Skelettdysplasien gibt, so ähneln sich die meisten doch in vielen Faktoren. Im Verlauf des Wachstums kommt es bei allen Kleinwuchsformen zu ähnlichen Erscheinungsbildern und vergleichbaren Problemen, die in ihrer Ausprägung zwar variieren, aber immer symptomatisch und prophylaktisch behandelt werden. Hierzu gehören die Verbesserung eines Hüftstreckdefizits und einer LWS-Lordose sowie die Therapie von Achsfehlstellungen und Instabilitäten der Extremitäten.

Darüber hinaus steht das Erlernen von Aktivitäten des täglichen Lebens bzw. Hilfestellungen hierbei, im Fokus der physiotherapeutischen Therapie.

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Die wichtigsten konservativen Methoden bei der Therapie von Skelettdysplasien sind:

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Passives Hüftstreckdefizit

Ein Hüftstreckdefizit besteht regelmäßig dann, wenn der Betroffene in zunehmender Hüftbeugung läuft und hierbei den Bauch nach vorne wölbt. Das Streckdefizit muss dann durch regelmäßiges Dehnen der Hüftbeuger verbessert werden. Dazu gehört ebenso ein regelmäßiges Kräftigen der Hüftstrecker (Pomuskulatur). Nur so kann die passiv gewonnene Hüftstreckung langfristig erhalten und verbessern werden.

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Erarbeiten der Beckenaufrichtung/Verminderung der Beckenvorkippung

Patienten mit Skelettdysplasien zeigen regelmäßig ein Hohlkreuz. Diese Lordose ist in einer zu schwachen Muskulatur des hinteren Oberschenkelmuskels begründet, wodurch das Becken nach vorne kippt.

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Dehnung der Rückenmuskulatur – v.a. im Lendenbereich

Aufgrund des Hohlrückens im Lendenbereich kann die Muskulatur neben der Wirbelsäule verkürzen und die Wirbelsäule auf Dauer weniger beweglich werden lassen. Dies gilt es unbedingt zu vermeiden, da der Patient ansonsten schwerlich das Hohlkreuz vermindern bzw. auflösen kann.

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Achsfehlstellungen von Ober- und Unterschenkel mit Beteiligung von Knie und Sprunggelenk

Hier kann ein Beinachsentraining helfen, Sekundärschäden der Gelenke zu vermeiden bzw. zu reduzieren. In einigen Fällen treten in Verbindung mit Achsfehlstellungen Fußdeformitäten auf, die dann situativ behandelt werden.

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Ergotherapie

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Einschränkungen im Gebrauch der oberen Extremität können sich je nach Ausprägung durch verschiedene Aspekte ergeben: Sowohl die proportional verkürzte Länge des Oberarmes, die gebogenen Knochen, eine Fehlstellung am Ellbogengelenk (Streckdefizit) oder die verringerte Muskelspannung (überbewegliche Handgelenke, weniger Kraft) können allein oder in Kombination vorliegen.

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Je nach Einschränkung kann die Ergotherapie in Verbindung mit Alltagshilfen und Hilfsmitteln eine spürbare Verbesserung der Alltagsbewältigung erreichen.

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Orthopädietechnik/ Hilfsmitteltechnik

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Eine orthopädische Versorgung ist nur in seltenen Fällen notwendig.

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Operative Therapie

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Wirbelsäule

Bei Achondroplastikern ist der Spinalkanal im LWS Bereich verengt. Daher kann es im Wachstum zu neurologischen Ausfällen der unteren Extremitäten kommen. Viele Patienten haben auch eine vermehrte Lordose der Lendenwirbelsäule (Hohlkreuz), die den Spinalkanal zusätzlich verengen kann.

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Obere Extremitäten

Die Oberarme sind verkürzt und die Patienten zeigen ein Streckdefizit der Ellenbogen. Ist das Strecken sehr stark eingeschränkt, kann eine Extensions-Osteotomie sowohl allein, als auch in Kombination mit einer Verlängerung des Oberarms, durchgeführt werden.

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Untere Extremitäten

Die Hüftgelenke können ein so starkes Streckdefizit aufweisen, dass eine ggf. bestehende erhöhte Lendenwirbellordose weiter verstärkt wird. Bei einer reduzierten Gehstrecke, die durch eine fehlerhafte Statik verursacht sind, kann eine Extensionsosteotomie die Beschwerden deutlich verbessern.

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Die verkürzten Ober- und Unterschenkel können bei Bedarf verlängert werden, so dass der Patient insgesamt ca. 20 cm an Körpergröße gewinnen kann.

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In der Mehrheit der Fälle leiden die Kinder unter einer O-Bein-Fehlstellung (eine X-Fehlstellung ist deutlich seltener), die sich wegen der Bandinstabilität im Kniegelenk verstärken kann. Wenn rechtzeitig begonnen wird, kann eine Korrektur der Fehlstellung durch wachstumslenkende Maßnahmen erreicht werden. Durch das geringere Wachstum bei Kleinwüchsigkeit steht hierfür nur ein begrenzter Zeitraum zur Verfügung. Nach diesem Zeitraum sind korrigierende Maßnahmen nur noch mit Hilfe einer aufwendigen Osteotomie möglich.

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