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Fibuladefekt

Definition

 

Der Fibuladefekt (auch fibulärer Längsdefekt, fibulare Hemimelie, Fibulaaplasie, Fibulahypoplasie, fibuläre longitudinale Hypoplasie, paraxiale longitudinale Hypoplasie, fibuläre longitudinale Meromelie) ist das angeborene Fehlen (Aplasie) oder die angeborene Unterentwicklung (Hypoplasie) des Wadenbeins. Der Fibuladefekt tritt häufig in Verbindung mit Fehlbildungen des Fußes, des Kniegelenkes und in 60-80% auch mit einer Veränderung des Oberschenkelknochens (PFFD) auf.

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Ätiologie (Ursache)

 

Beim fibulären Längsdefekt handelt es sich um die häufigste Fehlbildung der langen Röhrenknochen. Der Defekt tritt bei 7,4 bis 20 von 1.000.000 Geburten auf. Häufig ist lediglich ein Bein betroffen.

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Die Ursache für die Fehlbildung ist unbekannt.

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Diagnose

 

Die Diagnose kann häufig schon durch den Sichtbefund bei Geburt oder im Schwangerschafts-Ultraschall gestellt werden. Kinder mit Fibuladefekt weisen einen mehr oder weniger verkürzten Unterschenkel auf, der je nach Schweregrad eine Krümmung nach hinten aufweist. An der Spitze der gebogenen Tibia ist ein Grübchen charakteristisch. Häufig fehlen ein oder mehrere Zehen. Im Vergleich zum Tibiadefekt fehlen dann hier die lateralen (äußeren) Zehen. Durch das Fehlen von einem oder mehreren Zehen sowie deren Mittelfußknochen ist der Fuß deutlich kleiner. Durch das Fehlen des von der Fibula gebildeten Außenknöchels ist der Fuß in nahezu allen Fällen nach außen/hinten abgekippt. Pränatal ist eine Diagnose ab der 12. SSW durch Ultraschalldiagnostik möglich.

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Einteilung

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Die Klassifizierung des Fibuledefektes kann nach Achterman und Kalamchi erfolgen. Diese Einteilung erscheint therapeutisch nicht ausreichend, gibt aber Aufschluss über das Ausmaß der Fehlbildung.

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Typ IA Hypoplasie der Fibula; die Fibula ist verkürzt und es kommt zu einer Instabilität des Sprunggelenks
Typ IB wie IA, jedoch mit deutlich verkürzter Fibula und verstärkter Instabilität des Sprunggelenkes
Typ II Fibulaaplasie, die Fibula fehlt vollständig und die Deformität der Tibia sowie des Fußes sind ausgeprägt

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Therapie

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Die Therapie ist abhängig vom Schweregrad der Fehlbildung, sollte aber bereits kurz nach der Geburt an einem kinderorthopädischen Zentrum beginnen. Das Behandlungsspektrum reicht von Gipsschälchen, Orthesen oder Prothesen, über Umstellungsosteotomien zur Korrektur der Beinachse, bis hin zu operativen Beinverlängerungen.

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Eine sehr gute ärztliche und therapeutische Begleitung ist Voraussetzung für eine bestmögliche Entwicklung.

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Physiotherapie

 

Bereits in den ersten Lebensmonaten sollte mit problemorientierter Krankengymnastik begonnen werden. In dieser Zeit steht durch manuelle Therapie die Mobilisation der eingeschränkten Fußbeweglichkeit im Vordergrund. In Einzelfällen kann auch bereits eine Knieeinschränkung vorhanden sein. In diesen Fällen werden Gipsschälchen zur Stabilisierung angefertigt. Unbehandelt kann es aufgrund einer zunehmenden Beinverkürzung zu asymmetrischen Veränderungen kommen. Eine dauerhaft begleitende Therapie der Kinder ist deshalb ratsam. Beginnende Sekundärschäden, wie z.B. Wirbelsäulenfehlhaltungen sowie Kontrakturen können physiotherapeutisch rasch erkannt und orthopädisch therapiert werden.

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Orthopädietechnik/ Hilfsmitteltechnik

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Orthopädietechnisch kann die Beinlängendifferenz ausgeglichen sowie die Knieinstabilität verbessert werden. Hierzu werden individuell angepasste Orthesen verwendet. Nur eine gut angepasste Orthese kann ein reizfreies und symmetrisches Gangbild ermöglichen.

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Operative Therapie

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Die operative Therapie durch einen erfahrenen Kinderorthopäden hat das Ziel, möglichst bis zum Wachstumsende eine Korrektur zu erreichen, die dem Kind dann ein selbstständiges Leben ohne Orthesen oder andere Hilfsmittel ermöglicht.

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Um dies zu erreichen muss der Fuß in einer richtigen Position zum Schienbein stehen. Deshalb kann bereits im ersten Lebensjahr eine OSG-Plastik – eine kleine Operation oberhalb des Sprunggelenks - oder eine Fußunterstellung notwendig sein.

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Ab etwa dem 4. Lebensjahr kann eine Kreuzbandplastik zur Kniestabilisierung erfolgen.

Bei Fibuladefekten kann es im Laufe des Wachstums wiederholt zu X-Fehlstellungen der unteren Extremitäten kommen. Durch rechtzeitige wachstumslenkende Maßnahmen können diese Achsfehlstellungen korrigiert und später oftmals größere, knöcherne Eingriffe vermieden werden. Diese Prozeduren müssen ggf. bis zum Ende des Wachstums mehrfach wiederholt werden.

Im Vorschulalter kann in Abhängigkeit der Beinlängendifferenz mit einer Verlängerung des Unterschenkels begonnen werden. Sollte die Beinlängendifferenz zum Ende der Wachstumsphase als nur gering einzuschätzen sein, so kann über eine rechtzeitige Blockade der Wachstumsfugen (Epiphysiodese) auf der nicht betroffenen Seite nachgedacht werden.

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